Ein Gerichtsurteil zu Streaming und Filesharing hat Folgen
Filesharing-Urteile gibt es immer wieder. Das Teilen von Medien in verschiedenen Formaten ist heute noch genauso beliebt, wie es nicht erlaubt ist, solange der jeweilige Urheber nicht im Vorhinein seine Zustimmung dazu gegeben hat.
Die Verantwortlichen der Justiz müssen in diesem Themenbereich immer wieder aktiv werden. Rechtsanwälte orientieren sich an der aktuellen Rechtsprechung und strafen Täter, die gegen das Urheberrecht verstoßen, häufig mit einer Abmahnung.
Ein neues Urteil, das im Rahmen einer Gerichtsentscheidung gefällt wird, kann die Rechtslage jedoch schnell wieder drehen. Das moderne Medium Internet stellt für Urheberrechtler dauerhaft eine Herausforderung dar.
Damit Sie bei den vielen Entscheidungen der nahen Vergangenheit den Überblick behalten können, wirft dieser Ratgeber einen Blick auf das ein oder andere aktuelle Gerichtsurteil, welches brisante Streaming- bzw. Filesharing-Aspekte behandelt. Dabei beschränkt sich dieser Ratgeber auf Entscheidungen, die außerhalb des Bundesgerichtshofs (BGH) gefällt wurden.
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- BGH-Urteile zum Filesharing
Inhalt
Übersicht zu Urteilen der nahen Vergangenheit
Zunächst folgt eine kompakte Auflistung von wichtigen Urteilen der nahen Vergangenheit:
- Urteil zum Thema IP-Adressen (01.09.2016, Az. 137 C 65/16): Es wurde entschieden, dass die Zuordnung über IP-Adressen nicht immer eindeutig ist. Ermittlung und Zuordnung müssen zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Mehr zur IP-Rückverfolgung - Urteil zum Thema Jugendschutz (30.06.2016, Az. 4 O 363/15): Nach dem illegalen Download eines PC-Spiels versuchte sich ein Jugendlicher damit herauszureden, dass das Videospiel jugendgefährdend sei. Das Gericht wies die Ausrede ab. Die Entwickler sind nicht verpflichtet, den Zugang des Spiels zu regulieren.
- Urteil zum Thema Belehrung durch Eltern (30.06.2016, Az. 4 C 4010/16 (IV): Es wurde geurteilt, dass ein Vater seinen Sohn nicht genug über Urheberrechtsverletzungen belehrt hatte. Aus diesem Grund musste er die Abmahnkosten tragen und Schadensersatz leisten.
Mehr zur Störerhaftung - Urteil zum Thema Haftung der Eltern (16.06.2016, Az. 29 C 945/16): Eine angeklagte Tochter verteidigte sich damit, dass sie während des Filesharing-Verstoßes mit ihrem Vater zusammengelebt hat, der auch Zugriff auf das Internet besaß. Die Argumentation war so stichhaltig, dass das Gericht die Vorwürfe gegen sie fallen ließ.
- Urteil zum Thema Urlaubsgäste (24.05.2016, Az. 214 C 170/15): Ein Angeklagter wurde davon freigesprochen, für seine Untermieter zu haften. Im Fall von volljährigen Mitbewohnern besteht demnach keine Belehrungspflicht.
Mehr: WLAN in Ferienwohnung - Urteil zum Thema Haftung des Arbeitgebers (12.05.2016, Az.: I ZR 86/15): Hier musste der Arbeitgeber nicht haften. Das zuständige Amtsgericht zweifelte an, dass die Täterschaftsvermutung eines privaten Internetanschlusses so auch auf gewerbliche Anschlüsse übertragen werden kann. Auch bestand kein Zweifel daran, dass der Unternehmen den Verstoß selbst nicht begangen hatte.
- Urteil zum Thema Blindheit (22.12.2015, Az. 49 C 427/14): Die Angeklagte, eine blinde Frau, argumentierte, dass sie nicht illegal einen Film herunterladen würde, da sie diesen nicht sehen könne. Der Richter gab ihr Recht, auch weil die Möglichkeit bestand, dass ihr Mann für die Urheberechtsverstöße verantwortlich gewesen ist.
Strafverfolgung der Seitenbetreiber
Kommt es bei privaten Nutzern von Fileshare-Plattformen zu Gerichtsverhandlungen, geht einem Urteil oft eine Abmahnung voran. Bevor überhaupt ein Gericht bemüht wird, wird so durch ein Abmahnschreiben inklusive Unterlassungserklärung versucht, den Tatbestand außergerichtlich zu klären. Anders verläuft es mit Personen, die unzählige Urheberrechtsverstöße begangen haben, wie es bei den Seitenbetreibern einschlägiger Portale vorkommt.
Hier kommt es wegen unzähliger Verstöße schnell zur Strafverfolgung der Betroffenen. Wird die gesuchte Person gefasst, ist eine Gerichtsverhandlung unvermeidbar, wie es auch 2015 im Fall Arvit O., dem ehemaligen Betreiber von kinox.to, der Fall war. Das Landgericht Leipzig verurteilte O. wegen der rechtswidrigen Nutzung von geschützten Werken in 2284 Fällen bei kinox.to, der Beihilfe in 606 Fällen und Beteiligung an weiteren Delikten zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis.
Das Dauerthema Störerhaftung
Problematisch gestaltet sich bis heute oft die Frage der Haftung im folgenden Fall: Jemand, der nicht der eigentliche Eigentümer ist, nutzt eine Internetverbindung dazu, widerrechtlich Medienformate herunterzuladen oder zu teilen.
Oft schon kam es diesbezüglich schon zu einem Urteil, das einer Abmahnung im Sinne der Störerhaftung folgte. Diese Art der Haftung fällt immer dann auf den Eigentümer der Internetverbindung zurück, wenn dieser den Anschluss nicht ausreichend geschützt (beispielsweise durch Passwörter bei WLAN-Verbindungen) oder seine Kinder nicht ausreichend belehrt hat.
Am 11. April entschied das Amtsgericht Rostock jedoch zu Gunsten eines Ehepaares, das sich in einer solchen Situation befand. Hier folgte der Abmahnung kein negatives Urteil für die Angeklagten – und zwar aus den folgenden Gründen:
- Die Täterschaftsvermutung konnte bei den Beschuldigten nicht greifen: Da es sich hier um zwei Inhaber handelte, konnte nicht ermittelt werden, wer für den Urheberrechtsverstoß verantwortlich war.
- Da auch die Kinder Zugang zum Internet hatten, bestand die Möglichkeit, dass diese die Täter waren. Das Gericht befand jedoch, dass Eltern nicht verpflichtet werden können, ihren Nachkommen hinterherzuschnüffeln.
- Auch die Störerhaftung traf nicht auf die Eheleute zu, da der Anschluss ausreichend geschützt und die Kinder entsprechend augeklärt waren.
- Dieser Fall zeigt, dass ein Tathergang stets unter komplexen Aspekten betrachtet werden muss.
Auch in Bezug auf Arbeitgeber bleibt das Thema vom Anschlussinhaber und seiner Haftung heiß diskutiert. Kann ein Urteil bzw. eine Abmahnung einen Unternehmensleiter treffen, wenn ein Arbeitnehmer die firmeninterne Internetleitung für eine Urheberrechtsverletzung nutzt? Auch in diesem Fall wurde der Angeklagte freigesprochen.
Das Amtsgericht Charlottenburg befand zunächst, dass der Arbeitgeber ein stichfestes Alibi vorgelegt hatte. Zur Zeit des illegalen Downloads befand sich dieser nämlich nicht im Unternehmen. Nicht zuletzt begründete der Richter den Freispruch damit, dass ein Unternehmensleiter keine Belehrungspflicht für seine erwachsenen Angestellten besitzt. Auch zur Überwachung dieser sei er nicht verpflichtet. Dabei berief sich das Gericht auch auf eine ähnliche Entscheidung des BGH.
Ein namhaftes Gerichtsurteil zu Streaming
Ein Urteil zum Streaming ereilt private Nutzer heute kaum noch. Die aktuell gültige Rechtsprechung ist nämlich der Ansicht, dass es sich hierbei um eine Grauzone handelt. Dabei wird sich unter anderem auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2014 gestützt.
Es wurde geurteilt, dass der Akt des Anschauens und damit auch die Vervielfältigung des geschützten Werkes im Zwischenspeicher des Browsers im Regelfall keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Dieses Gerichtsurteil zu Streaming ist zwar repräsentativ, aber nicht unwiderlegbar. Es kann nicht als Freibrief verstanden werden. Ist jedoch eine Vervielfältigung im Zwischenspeicher
- nur vorübergehend,
- eine flüchtige bzw. begleitende Erscheinung,
- Teil eines technischen Verfahrens und
- besitzt den alleinigen Zweck der Übertragung (ohne wirtschaftlichen Zweck),
kann ein Urteil, dass einer Abmahnung folgt, nicht im Sinne eines Urheberrechtsverstoßes negativ für den Angeklagten ausfallen. Diese Auffassung ist in der aktuellen Rechtsprechung mittlerweile stark verbreitet. Einige Juristen geben sich jedoch damit nicht zufrieden, weshalb die Rechtslage hier immer noch als umstritten angesehen werden kann.
Urteil: Verjährung einer Abmahnung
Teilweise kommt es noch zu Streitigkeiten bezüglich der Verjährungsfrist von Abmahnungen. In § 195 BGB wird eine Frist von drei Jahren festgesetzt, trotzdem behaupten Abmahnkanzleien vereinzelt immer wieder, es bestehe bei Urheberrechtsverstößen eine Dauer von zehn Jahren.
Das Amtsgericht Kassel urteilte im Sommer 2014: Hat ein Nutzer durch Filesharing das Urheberrecht verletzt, bleibt es bei der Dreijahresfrist. Diese beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Urheber vom Verstoß erfahren hat.
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