Störer des Rechts
Wieso gibt es so wenig öffentliche WLAN-Hotspots (Wireless Local Area Network – Deutsch: „drahtloses lokales Netzwerk“) in Deutschland? Ob Flughäfen, Bahnhöfe oder öffentliche Einrichtungen: Meist steht kein kostenfreies, offenes WLAN zur Verfügung. Hotels und Cafés stellen hingegen schon öfter einen Zugang. Dabei muss der Benutzer jedoch durch mehrere Schritte durchlaufen, bevor er das Internet nutzen darf.
Diese besonderen Regelungen sind der sogenannten Störerhaftung geschuldet. Doch was ist ein Störer? Wann wird der Anbieter haftbar gemacht und welche Sicherheitsvorkehrungen muss er treffen?
Folgender Artikel erklärt Ihnen, wann die Störerhaftung beim WLAN greift, welcher Gesetzentwurf der Bundesregierung im Fokus der aktuellen Debatten steht und welche Regelungen für Hotspots aktuell gelten.
Inhalt
Weitere Texte zum Thema Störerhaftung
Störerhaftung von Eltern Störerhaftung bei FerienwohnungDer Begriff des Störers
Der Rechtsbegriff „Störer“ ist vom Täter und vom Teilnehmer einer Straftat zu unterscheiden. Der Täter ist derjenige, der eine illegale Tat begeht. Ein Tatteilnehmer hingegen hat entweder zur Tat angestiftet oder Beihilfe geleistet.
Der Störer ist eine Person, welche die Tat ermöglicht.
Gehilfe (Person, welche Beihilfe leistet) und Störer scheinen auf den ersten Blick gleich zu sein. Der Unterschied liegt im Vorsatz: Eine Beihilfe liegt erst dann vor, wenn der Täter einer Straftat vorsätzlich dabei unterstützt wird.
Im Falle des Internets ist es so, dass Delikte im World-Wide-Web nur begangen werden können, wenn ein entsprechender Anschluss zur Verfügung steht. Dieser Anschluss erfolgt im Falle eines WLAN über einen Router. Der Besitzer des Routers ermöglicht also den Zugang zum Internet. Werden auf diesem Weg Straftaten begangen, greift die Störerhaftung und der Besitzer wird dafür haftbar gemacht. Er bekommt eine Abmahnung.
Mit anderen Worten ist jeder, der einen Internetzugang besitzt, für diesen verantwortlich und muss ihn angemessen absichern. Damit soll verhindert werden, dass sich User einfach über ein anderes Netz illegale Daten besorgen und so einer Verfolgung entgehen.
Wozu dient die Störerhaftung?
Der Gesetzgeber möchte mithilfe der Störerhaftung das Filesharing unterbinden. Das Austauschen von Daten über Netzplattformen ist nicht per se verboten. Betrifft es allerdings Daten, die urheberrechtlich geschützt sind, greift beim Sharing laut Gesetz die Störerhaftung.
Dadurch wird der Besitzer des Zugangs – der Betreiber – für die begangene Tat zur Verantwortung gezogen. Infolgedessen schließen die meisten Anbieter ihre Netze und sichern diese gegen unbekannte Nutzer.
Betroffene, die nicht mit der Materie vertraut sind und Ihre WLAN-Zugang unabsichtlich öffnen, müssen unter Umständen mit Abmahnungen rechnen – wenn die IP-Adresse ermittelt wurde, nehmen Abmahnanwälte möglicherweise Kontakt mit ihnen auf.
Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) greift die Störerhaftung nicht, wenn der Router durch jenes Passwort geschützt ist, welches bereits ab Werk vergeben wurde. Dennoch ziehen es viele vor, für mehr Sicherheit ein eigenes Passwort zu vergeben.
Auflockerung der WLAN-Störerhaftung? Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung
Anfang 2017 steht eine Änderung des deutschen Telemediengesetzes zur Debatte. Mit der Anpassung möchte das Bundeswirtschaftsministerium versuchen, die Bestimmungen zur Störerhaftung massiv zu lockern.
So sollen für „Störer“ zukünftig kaum noch Schadensersatz- oder Abmahnkosten entstehen. Aus der Pflicht werden sie dennoch nicht genommen: Sobald ihm eine Urheberrechtsverletzung bekannt wird, muss er eine Wiederholung vermeiden – etwa durch Netz- oder Websitesperrungen.
Bereits 2016 wurde das Telemediengesetz von der deutschen Regierung in Sachen WLAN angepasst. Das erklärte Ziel dieses Gesetzes ist es, die Störerhaftung aufzulockern, so dass mehr öffentliche Hotspots entstehen.
Viele Experten sehen diese Gesetzesänderung der Bundesregierung jedoch als kontraproduktiv an.
Denn die Störerhaftung bleibt dabei in Maßen bestehen. So ist der Betreiber nach wie vor verpflichtet, den Zugang zu ihren Router „angemessen“ zu sichern, so dass nicht jeder über dieses WLAN ins Internet gelangen kann. Zusätzlich sollen Benutzer (User) nur dann über den Router im WWW surfen dürfen, wenn sie erklären, keine Rechtsverletzung zu begehen.
Diese Erklärung könnte zum Beispiel in Form einer vorgeschalteten Seite eingeholt werden.
Dies bedeutet jedoch, dass das Netz keineswegs „offen gelassen“ werden darf. Nach wie vor muss jeder potenzieller User nach einem Passwort fragen und anschließend eine Erklärung abgeben.
Zudem weist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie darauf hin, dass die Formulierung der „angemessenen Sicherung“ zwar die Installation eines Passworts bedeuten könne, diese jedoch nicht unter allen Umständen ausreiche.
Aufgrund Unsicherheiten diesbezüglich könnten sich viele Betreiber dazu entschließen, die Netze sicherheitshalber für andere Nutzer geschlossen zu halten.
Greift beim Freifunk die Störerhaftung?
Um nicht auf öffentliche Betreiber angewiesen zu sein, begrüßen viele Bürger eine andere Idee: den Freifunk. Gemeint ist damit die Erstellung eines bürgerlichen Netzwerks, in dem jeder Besitzer eines Routers seinen Zugang öffnet.
Gerade in Großstädten könnte sich so ein flächendeckendes WLAN-Netzwerk entwickeln.
Dies geht allerdings nicht, solange in Deutschland die Störerhaftung gilt. Das Risiko, das WLAN öffentlich zugängig zu machen, ist in diesem Kontext sehr hoch.
Kommentar hinterlassen