Wann darf eine Abmahnung ausgesprochen werden?
Ob im Arbeitsrecht oder Internetrecht: Abmahnungen sind für Betroffene höchst unerwünschte Mitteilungen. Insbesondere, wenn sie wegen illegalem Filesharing abgemahnt werden, drohen nämlich hohe Kosten. Doch dies gilt nur, wenn das Dokument auch gültig ist.
Schreibt der Gesetzgeber für eine Abmahnung eine Frist vor, nach deren Ablauf die „gelbe Karte“ ungültig wird?
In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche zeitlichen Begrenzungen für die Erteilung und den Widerspruch bei einer Abmahnung exisitieren.
Inhalt
Fristen für eine arbeitsrechtliche Abmahnung
Im Arbeitsrecht ist für die Erteilung einer Abmahnung eine konkrete Frist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Jedoch gilt der Grundsatz, dass der Ausspruch von Abmahnungen im zeitlichen Zusammenhang mit den abgemahnten Verhalten stehen sollte. Denn Arbeitnehmer, die sich entgegen ihres Arbeitsvertrages oder der betrieblichen Gepflogenheit verhalten, etwa privat im Internet surft, riskieren abgemahnt zu werden.
Wird jedoch auf die mündliche Ermahnung, die nicht alle Kriterien einer Abmahnung erfüllt, eine eventuell auszusprechende schriftliche Abmahnung nicht zeitnah nachgereicht und lässt sich der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum nichts mehr zuschulden kommen, gilt der Anspruch auf Erteilung einer Abmahnung als verwirkt. Selbstverständlich sind hier aber jeweils die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Was explizit unter einer „längeren Zeit“ zu verstehen ist, oder ob eine anderweitige Verfehlung des Arbeitnehmers das Aussprechen der Abmahnung für einen zurückliegenden Vorfall durch den Arbeitgeber doch noch rechtfertigt, kann nicht pauschalisiert werden. Primär liegt dies im Ermessen des Abmahners und der Rechtfertigung darüber, wie sehr das Verhalten des Arbeitnehmers ein ordnungsgemäßes Arbeiten behindert oder gar das Unternehmen bzw. den Arbeitgeber schädigt.
Hinsichtlich des Beweises dafür, dass der Arbeitnehmer den Betriebsablauf durch seine Pflichtverletzung in einem abmahnfähigen Umfang gestört hat, sollte eine Abmahnung vom Arbeitgeber unbedingt möglichst zeitnah ausgesprochen werden. Nur so kann in einem Rechtsstreit belegt werden, dass das betriebliche Interesse an der Abstellung eines Fehlverhaltens wirklich mit Nachdruck vermittelt wurde.
Hinweis: Dies gilt besonders dann, wenn vom Arbeitgeber ein Anwalt beauftragt wurde, die Abmahnung aufgrund der Pflichtverletzung vorzunehmen. Für die Übernahmepflicht der Kosten durch den Abgemahnten bzw. den Arbeitnehmer kann es von Relevanz sein, wenn durch eine möglichst rasche Mandatierung belegt wird, dass der Vorfall von besonderer Wichtigkeit für den Abmahner und seinen Geschäftsbetrieb gewesen ist und er sofort nach Kenntnis deshalb die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen hat.
Auch für die Änderung oder Unterlassung des in der Abmahnung gerügten Verhaltens gilt keine direkte Frist. Die Rechtsprechung sieht allerdings vor, dass der Arbeitnehmer entsprechend Zeit haben muss, sein Verhalten zu ändern.
Fertigt ein Arbeiter zum Beispiel ein Werkstück trotz mehrfacher genauer Anweisung fehlerhaft und er wird deshalb abgemahnt, kann er nicht, während der Produktionsprozess eines weiteren Werkstücks schon fortgeschritten ist, wegen des gleichen Fehlers nochmals eine Abmahnung ausgesprochen bekommen und in Folge die Kündigung erhalten. Selbstverständlich ist es aber so, dass bei einem Fehlverhalten, das sofort eingestellt werden kann, wie unerlaubtem Rauchen am Arbeitsplatz, der Abmahnung ohne jede Zeitverzögerung nachgekommen werden kann und folglich auch muss.
Abmahnung – Widerspruchsfrist für den Arbeitnehmer
Hier gibt es ebenfalls keine im Gesetz festgelegte Frist, binnen der ein abgemahnter Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung vorgehen muss. Erfolgte die Abmahnung zu Recht, aber lässt sich der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum, je nach Einzelfall zwei, längstens aber fünf Jahre, nichts mehr zuschulden kommen, kann vom Arbeitgeber eine Abmahnung nicht mehr als Grundlage für eine Kündigung herangezogen werden.
Dies gilt jedoch nicht, wenn der Abmahnung eine erhebliche Pflichtverletzung oder Fehlverhalten wie Diebstahl oder Weitergabe von Betriebsgeheimnissen zugrunde lag. In solchen Fällen gehen die Gerichte davon aus, dass der Abmahngrund sich nachhaltig und andauernd auswirkt und deshalb bestehen bleibt.
Dennoch empfiehlt es sich, beim Erhalt einer Abmahnung vom Arbeitgeber vor Unterzeichnung zusammen mit dem Betriebsrat oder einem Rechtsanwalt zu überprüfen, ob sie überhaupt gerechtfertigt war oder andere Sanktionsmaßnahmen ausgereicht hätten. Eine Abmahnung sollte grundsätzlich Ultima Ratio vor Ausspruch einer Kündigung sein.
Aber selbst eine bereits in der Personalakte befindliche Abmahnung kann auf Antrag gegebenenfalls entfernt werden. Dies setzt in der Regel eine entsprechende Klage beim Arbeitsgericht voraus, da der Arbeitgeber die Entfernung von Abmahnungen kaum auf pures Verlangen des Abgemahnten vornehmen wird. Ist ein Betriebsrat in der Firma installiert, kann jedoch erwogen werden, diesen Schritt über diesen zu gehen.
Bei der Gegendarstellung zur Abmahnung und der Frist gilt
Eine Frist, die gesetzlich verankert ist, gibt es für die Gegendarstellungen zu Abmahnungen nicht. Der Arbeitnehmer ist generell nicht verpflichtet, sich überhaupt zu den Vorwürfen zu äußern.
Letztendlich sollte der Arbeitnehmer sich aber gut beraten lassen, ob so ein Verhalten sinnvoll ist. Solange sich eine Abmahnung in der Personalakte befindet, ist das berufliche Fortkommen gehemmt. Nicht zuletzt steht immer die Möglichkeit einer zweiten Abmahnung und einer darauf erfolgenden Kündigung im Raum. Eine unberechtigte Abmahnung aber erst dann zu monieren, wenn Gefahr im Verzug ist, dürfte in der Praxis wenig sinnvoll sein.
Eine weitere Möglichkeit, sich gegen eine Abmahnung zu wehren, ist eine Gegenabmahnung aufzusetzen, in welcher der Abmahnende aufgefordert wird, weiteres Abmahnen zu unterlassen. Ferner besteht die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage dahingehend, dass der Unterlassungsanspruch des Abmahners zu Unrecht besteht.
Spezifische Ratgeber zur Widerrufsfrist und zum Widerruf
Fristen in der Abmahnung wegen Filesharings
Im Zuge einer Abmahnung bei Filesharing setzt der Geschädigte in der Regel eine Frist, für die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung des Schadensersatzes. Dabei muss die Fristsetzung des dem Abgemahnten erlauben, ggf. den Rat eines Anwaltes für Urheberrecht aufzusuchen und das Schreiben prüfen zu lassen. Eine gesetzliche Vorgabe, was in diesem Fall allerdings als „angemessen“ gilt, existiert nicht.
Die in der Erklärung genannten Fristen bei einer Abmahnung wegen unerlaubten Filesharings sollten Sie genau nehmen. Denn werden diese schuldhaft nicht eingehalten, läuft der Abgemahnte Gefahr, dass die Abmahnkanzlei weitere, kostenintensive Schritte einleitet. Versäumen Sie die Fristen in der Abmahnung muss daher mit der Einleitung eines Gerichtsverfahrens gerechnet werden. Die daraus resultierenden Folgekosten sollten Sie vermeiden.
Andererseits kann man auch als Privatperson der Geschädigte sein, dessen Rechte verletzt wurden. Generell gilt es für beide Seiten rasch zu handeln, da die Anbieter IP-Nummern, die zum Nachweis eines Verstoßes unerlässlich sind, nur eine begrenzte Zeit speichern. Hier ist grundsätzliche Eile geboten.
Dies insbesondere auch deshalb, weil es zudem Zeit in Anspruch nimmt, eine für die Überprüfung der IP-Nummern notwendige Verfügung der Staatsanwaltschaft oder, bei Eigenantrag, die Auskunft des Providers einzuholen.
Fristen bei Abmahnung im Urheberrecht allgemein
Ein Verstoß gegen das Urheberrecht zieht in der Regel eine Abmahnung nach sich. Zwar definiert der Gesetzgeber grundsätzlich keine Fristen für die Abmahnung an sich, allerdings unterliegen Urheberrechtsverletzungen der Verjährung.
Warten Sie also zu lange, verfallen die Ansprüche. Die Verjährung erfolgt dabei nach drei Jahren. Allerdings ist dabei nicht der Tattag ausschlaggebend, sondern der Tag, an dem der Geschädigte vom Verstoß erfährt. Die Verjährung beginnt zudem auch erst zum nächsten vollen Jahr.
Unabhängig davon, ob Sie nun der Schädiger oder Geschädigte sind, gilt es bei der Durchsetzung daraufzuachten, dass Sie von sich aus alles Zumutbare tut, um den Schaden zu minimieren. Ein Abwarten über Gebühr kann zum Verlust oder der Minderung dieser Ansprüche führen.
Summa summarum ist also jeder Seite anzuraten, bei erhaltener oder auszusprechender Abmahnung eine Frist dergestalt einzuhalten, dass der zeitliche Zusammenhang gewahrt wird, auch wenn das Gesetz eine solche nicht festlegt.
Spezifische Ratgeber zum den Fristen Urheberrecht
Abmahnung – Die Frist ist abgelaufen, was nun?
Wer eine Abmahnung erhalten hat – egal ob vom Arbeitgeber oder einer Rechtsanwaltskanzlei für Internetrecht – und nicht rechtzeitig reagiert, läuft dadurch Gefahr, dass er weitere Kosten verursacht oder zumindest billigend in Kauf nimmt.
Im Bereich des Internetrechts gilt: Eine vom Abmahner gleichzeitig übersandte Unterlassungserklärung sollte nach Möglichkeit fristgerecht unterzeichnet werden. Natürlich bedeutet dies nicht, dass sie ohne Überprüfung akzeptiert werden soll.
Besonders dann, wenn der Hintergrund in Verstößen gegen das Urheberrecht liegt, wie zum Beispiel bei unerlaubtem Filesharing, ist es absolut ratsam, die Unterwerfungserklärung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Dies gilt ebenso für die zusammen mit dem Abmahnschreiben übermittelte Honorarrechnung.
Wird unverschuldet eine genannte Frist in der Abmahnung versäumt oder kann sie aus Gründen, die nicht in der Person des Abgemahnten liegen, nicht eingehalten werden, ist grundsätzlich anzuraten, sich sofort nach Bekanntwerden dieser Ursachen sich mit dem Abmahner in Verbindung zu setzen. Es heißt, die Gründe für das Versäumnis oder den erbetenen Aufschub darzulegen insbesondere dann, wenn ein Anwalt mit der Abwehr beauftragt wird, wird in der Regel auf dessen Bitte eine Fristverlängerung gewährt werden.
Sollte wegen einer längeren Ortsabwesenheit wie zum Beispiel durch Urlaub sowohl die Frist in der Abmahnung versäumt als auch ein im Wege einer einstweiligen Verfügung ergangener Beschluss im Raum stehen, so kann, was das gerichtliche Verfahren anbelangt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass zum einen nachgewiesen werden kann, dass man wirklich über den entsprechenden Zeitraum seine Briefpost nicht öffnen konnte. Zum anderen ist die Wiedereinsetzung nur dann zu erreichen, wenn nicht schon vor der Abreise bekannt war, dass eine Abmahnung und das daraus resultierende Verfahren im Raum steht.
Gelingt dieser Nachweis, wird zumindest das Verfahren wegen einstweiliger Verfügung soweit zurückgesetzt, dass der Abgemahnte die Möglichkeit hat, seine Darstellung der Angelegenheit vor der Fällung einer Entscheidung abzugeben.
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