Die höchste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bildet die höchste richterliche Instanz in der deutschen Justiz. Werden Rechtstreite über mehrere juristische Ebenen hinweg ausgetragen, landen sie am Ende beim BGH.
Die dort gefällten Urteile sind in jedem Fall rechtsgültig und können nicht auf einer höheren Instanz noch einmal ausgefochten werden.
Da die Urteile der Karlsruher Richter weitreichenden Einfluss auf die aktuelle Rechtsprechung haben und sich auch des Öfteren mit dem Thema Filesharing und Abmahnungen auseinandersetzen, wirft dieser Ratgeber einen Blick auf die wichtigsten Gerichtsurteile der nahen Vergangenheit. Kann ein BGH-Urteil eine Abmahnung unwirksam machen? Hier erfahren Sie es.
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Inhalt
Die Frage der Haftung
Wenn es um die illegale Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material geht, kommt es in den Zeiten von WLAN immer wieder zur Frage der Haftung – auch in Bezug auf Behausungen von Familien. Generell gilt, dass Eltern dazu verpflichtet sind, ihre Kinder über rechtswidriges Verhalten im Internet aufzuklären. Andernfalls können sie für Verstöße, die diese begehen, belangt werden. Ein BGH-Urteil nach einer Abmahnung im Jahr 2014 warf neues Licht auf diese Regelung.
Es wurde nämlich geurteilt, dass Eltern als Anschlussinhaber ihrer Aufklärungspflicht bei volljährigen Familienangehörigen nicht nachkommen müssen. Hier wird davon ausgegangen, dass Erwachsene selbst für ihre Taten verantwortlich sind. Auch das bestehende, innerfamiliäre Vertrauensverhältnis wurde dabei als Argument genannt. Erst wenn sie die Annahme begründet, dass Familienmitglieder den Internetanschluss für Rechtsverletzungen nutzen, besteht die Verpflichtung, einzuschreiten.
In einem ähnlichen Gerichtsverfahren versuchte ein Vater, das für ihn negative BGH-Urteil nach der Abmahnung abzuwenden, das ihm als Anschlussinhaber drohte.
Er tat dies, indem er darauf verwies, dass jemand aus seiner Familie den Verstoß begangen haben könnte. Mit dieser Argumentation scheiterte er jedoch, da die Karlsruher Rechtsprechung urteilte, dass er seine sekundäre Darlegungslast nicht ausreichend erfüllte. Für solche Behauptungen müssen also genug stichhaltige Argumente bzw. Beweise vorgelegt werden, wie:
- Der Nachweis, dass die Kinder überhaupt selbständigen Zugang zum Internet haben
- Die Darlegung des eigenen Internetverhaltens als Verteidigung
Formelhafte Schadensberechnung nur noch für Altfälle
Aus dem obig genannten BGH-Urteil zu einer Filesharing-Abmahnung folgt auch, dass die Schadensberechnungen bei Urheberrechtsverletzungen individuell bemessen sein müssen, wenn es sich um aktuelle Werke handelt. Dabei müssen folgende Faktoren beachtet werden:
- Der wirtschaftliche Wert des Rechts, das verletzt wurde
- Die Intensität und Dauer des Verstoßes (Findet Filesharing nur kurz oder über mehrere Tage statt?)
- Aktualität und Bekanntheit des betroffenen Werks
- Subjektive Umstände auf Seiten des Angeklagten
In Bezug auf ein BGH-Urteil nach einer Abmahnung wurde hier ein Präzedenzfall geschaffen, der auch die Bewertung und die Schadensberechnung von Verletzungen des Urheberrechts in Zukunft bestimmen wird. Es bleibt spannend, zu sehen, welche folgenschweren Entscheidungen in Zukunft noch auf höchster Instanz gefällt werden.
Mehr wichtige BGH-Urteile der nahen Vergangenheit
Im Folgenden findet sich eine Auflistung weiterer wichtiger Urteile der nahen Vergangenheit. Jedes einzelne BGH-Urteil, das einer Abmahnung folgt, ist dabei für richterliche Entscheidungen der Zukunft bedeutsam:
- Rechtsprechung vom 06.10.2016 (Az.: I ZR 154/15), Ergebnis: Die sekundäre Darlegungslast ist erfüllt, wenn ein Angeklagter vorbringt, welche dritten Personen zum betreffenden Zeitraum Zugang zum Internetanschluss hatten.
- Rechtsprechung vom 14.01.2016 (Az.: 29 U 2593/15), Ergebnis: Eltern müssen Schadensersatz zahlen, wenn die Aufklärungspflicht nicht eindeutig erfüllt wurde. Auch wenn die Kinder vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.
- Rechtsprechungen vom 11. Juni 2015 (I ZR 19/14, I ZR 21/14 und I ZR 75/14), Ergebnis: Kleine Abweichungen in der IP-Adresse entlasten keinen Angeklagten – dabei sind 200 Euro als Schadensersatz für ein Musikstück gerechtfertigt. Schon der Tausch von Dateifragmenten entspricht einer Urheberrechtsverletzung.
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